Neue Augen

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Was sehe ich? Sehe ich das Frauengesicht oder den Saxofonspieler?
Was höre ich? Nur die lauten Stimmen oder auch die leisen Zwischentöne?
Was habe ich im Herzen?

Die Uroma, die mit uns im Haus lebte, war gestorben, und unsere Kinder wollten wissen, was denn “tot” bedeutet. Als Mensch mit einer medizinischen Ausbildung erklärte ich in aller Ruhe die physiologischen Prozesse beim Sterben, was passiert, wenn das Herz aufhört zu schlagen.
Wir wurde alle immer trauriger dabei.
Ich fragte die Kinder, ob sie wissen wollen, was ich wirklich glaube. Ja, das wollten sie!

Ich sagte ihnen, dass ich überzeugt bin, dass Gott uns nach unserem Tod neue Augen geben wird, dann können wir das sehen, was er sieht. Und auch neue Ohren, damit wir das hören, was er hört. Und er sieht, dass reiche Leute innerlich vielleicht ganz armselig sind, und dass die leisen Stimmen von ihm nicht überhört werden.

Die Stimmung unter uns wurde immer besser bei diesen Gedanken, immer froher. Eines unserer Kinder aber wollte nicht warten auf irgendwann und forderte sofort, auf der Stelle, neue Augen! Ich musste zunächst fast lachen und fand diesen Wunsch einfach nur süß. Doch dann wurde mir sein Wunsch immer deutlicher, immer realistischer, und ich sagte, dass auch ich den Wunsch habe, jetzt sofort mein Leben und was mir begegnet anders zu sehen, anders zu hören, anders mit dem Herzen zu erleben. Das war schon ein toller Augenblick!

Das Beste aber kam für mich am nächsten Abend: ich rief die Kinder zum Abendessen. Normalerweise musste ich mehrmals rufen, bis sie reagierten, doch heute kam das Kind, das gestern auf der Stelle die neuen Augen wollte, sofort in die Küche. Ich war überrascht und habe es gelobt. Doch es meinte nur – und zeigt dabei auf seine Ohren – “ich habe ja meine neuen Ohren an!”

NEUE AUGEN

Ich habe eines nachts geträumt ich hätte neue Augen.
Ich sah damit die ganze Welt und nichts blieb mir verborgen.
Erbärmlich wurden die Paläste, war’n nicht länger golden, die Stolzen trugen Masken nur, die Coolen war’n voller Sorgen.

Ich habe eines nachts geträumt ich hätte neue Ohren.
Ich hörte alles auf der Welt und nichts blieb mir verborgen.
Die leisen Stimmen wurden laut, die lauten aber schwiegen,
und das, was man oft “Wahrheit” nennt, zeigte sich mir voller Lügen.

Ich habe eines nachts geträumt ich hätte neue Arme.
Die fassten bald die ganze Welt und ließen nichts mehr fallen.
Sie wurden stark, sie wurden lang, sie teilten aus zum Geben,
sie packten zu, bekamen Schwung: halt dich nur fest! Ich kann dich mit mir ziehen.

Ich habe eines nachts geträumt ich hätt’ein neues Herz –
Das schlug und regte sich in mir, fühlt Freude, fühlt den Schmerz.
Mein altes Herz schien mir aus Stein, empfänglich nur für Plunder.
Andere passten da nicht rein, und wenn, war’s nur zum Schein.

Ich bin dann morgens aufgewacht und war unheimlich froh!
Ich nahm die neuen Augen wahr, Arme, Herz und Ohr,
und Tag für Tag such ich jetzt sie, tausch’ sie gegen die alten,
und mehr und mehr begreife ich: du schenkst sie mir zum Behalten!

Text,Musik, Gitarren: Gery De Stefano, auf CD “Schlüssel in der Hand”,
Saxofon: Pierre De Stefano


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